„In’t 12 Joahrhunnert siedelt’n ville Flamen hier in’ne Jäegend un häen denne Fläeming datue jesäed. Sey häen Doerpere upjebout un Kerke ut Findlinge un Borne un häen Feldere anjeleiet.“
Ich mache mal die Sendung mit der Maus 😉 – Das war Fläming-Platt!
Tatsächlich, wie das obige Zitat des Muttersprachlers Wolf-Dieter Boche schon sagt: Der Fläming, die traditionsreiche Kulturlandschaft zwischen Berlin und Magdeburg, heißt nicht aufgrund einer zufälligen Namensähnlichkeit so. Im Hochmittelalter waren es Siedler*innen aus Flandern, die in dieser ostelbischen Gegend ein neues Leben begannen und ihre niederfränkische Sprache in ein ansonsten ostniederdeutsch geprägtes Umfeld einbrachten. Es bildete sich ein vorwiegend märkisch-brandenburgischer Dialekt heraus, in dem aber niederländische Einflüsse erkennbar blieben. In seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg bezeichnet Heimatdichter Theodor Fontane das Flämingisch sogar als „ein Niederdeutsch, das zwischen ‚Holländisch‘ und ‚Märkisch-Platt‘ allenfalls die Mitte hält“. Als Beispiele für übernommenes Vokabular gelten Miere (Ameise, niederländisch mier), leech (niedrig, nl. laag) oder auch die den Berliner*innen geschätzte Stulle als Abwandlung eines umgangssprachlichen und inzwischen verschwundenen Wortes für Brocken, Stück. Überhaupt ist Belgien ja bekannt für seine Backkunst speziell in Form suchterzeugender Waffeln, und auch dies spiegelt sich in den winterlichen Klemmkuchen bzw. Iserkuken des Fläming wider, selbst wenn sich die Phänotypen zwischen diesen und einer Brüsseler Waffel inzwischen deutlich unterscheiden.
„Ob dat Peard nu wat jestoaken oder ob dat de Nase an den Dach vull hadde, weet ick ok nich. Dat is mett eenmoal lotjerennt wie van Deiwel jejocht, drupp tu upp’en Melkschuppen, middewege drungerwech, un anne drüm’sche Siede wedder ruut.“
Wer dies nicht nur sofort versteht, sondern auch aktiv reproduzieren kann, gehört heute freilich zu einer schwindenden Minderheit. Seit dem 19. Jahrhundert – und spätestens mit den Umwälzungen des 20. Jahrhunderts – war das Flämingische, noch stärker als das Platt in Brandenburg allgemein, im Rückzug begriffen und wird mehrheitlich noch von hochbetagten Menschen der Region beherrscht. Verschiedene Vereinigungen haben sich zumindest der Bewahrung der Sprache für die Nachwelt verschrieben, sammeln Schrift- und Tondokumente und treffen sich zu gemeinsamen Platt-Abenden.
Mehr Lesestoff
* https://www.maz-online.de/lokales/teltow-flaeming/so-platt-sprach-man-in-brandenburg-N5DGJIDPF4ODRC7HHJZS4RXETQ.html – Märkische Allgemeine (5.3.2018): Dahmeland-Fläming: So platt sprach man in Brandenburg
* https://www.platt-in-brandenburg.de/regionen/flaeming/flaeming-platt-jueterbog – Platt in Brannenborch e. V.: Dat Fläeming-Platt
* https://www.amt-niemegk.de/seite/76014/braucht%C3%BCmer-im-fl%C3%A4ming.html – Amt Niemegk: Der Fläming – Eigenarten und Brauchtümer
* https://www.dwds.de/wb/Stulle – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: Zur Etymologie der Stulle
* https://www.reiseregion-flaeming.de/aktivitaeten-erlebnisse/regionale-produkte-erleben/fastnachtzeit-ist-klemmkuchenzeit/ – Reiseregion Fläming – Iserkuken: Auf den Spuren einer Fläminger Tradition
Bildhaftes und Tönendes
* https://www.youtube.com/watch?v=uCvYLhCpEAM – Stadt Jüterbog: Moankueke bakk’n – Rezept auf Flämingisch
* https://www.youtube.com/watch?v=XEBMkzhmv2M – Stadt Jüterbog: Geschlagene Sahne oder Butter